Adventsspur 09.12.2014
Perfekter Freund
"Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte."
(Jeremia 31,3)
"In seiner Liebe hat Gott uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus."
(Epheser 1,4-5)
Als Pfarrer habe ich häufig mit der Liebeserklärung Gottes aus dem Jeremiabuch, Kapitel 31, Vers 3 zu tun, denn der Text aus Jeremia 31,3 gehört zu den am häufigsten bei Beerdigungen verwendeten Bibelzitaten: Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte. Ein schöner und für viele auch ein sehr tröstlicher Text. Freilich auch durchaus einer, der bei Angehörigen auch ganz anders ankommen kann. Vor allem dann, wenn sie so gar nichts Gütiges und Liebendes darin erkennen können, dass ein geliebter Menschen von ihnen fortgerissen worden ist. Wie soll man da von Güte sprechen?
Freilich meint das hebräische Wort חָֽסֶד׃ - ḥā-seḏ weniger die Art von Güte, die uns etwa bei einem gütigen alten Mütterchen oder Väterchen in Märchenerzählungen begegnet. Denn dieses Wort kann auch mit 'Bündnistreue' übersetzt werden: Dem unverbrüchlich zum anderen stehenden Partner, der mit einem durch Dick und Dünn geht, ganz egal was auch passieren mag.
Mir fällt dabei eine der faszinierendsten Romanerzählungen ein, die ich in den letzten Jahren gelesen habe: Der Roman'‚Ein perfekter Freund' von Martin Sutter. Er handelt von Fabio Rossi, einem 33 Jahre alten Journalisten, der einer Tages im Krankenhaus mit einer Kopfverletzung und einem Blackout von fünfzig Tagen erwacht. In der Folge versucht er zu rekonstruieren, was in diesen fünfzig Tagen vorgefallen ist. Im Zuge des weiteren Erzählung entwickelt Fabio zunächst einen Verdacht und daraufhin einen immer stärkeren Hass auf seinen ehemaligen Freund Lucas Jäger, den er verdächtigt, er habe nicht nur die große Story geklaut an der er gerade dran war, sondern er sei auch derjenige, der ihm den Schlag auf den Kopf verpasst habe. Erst nachdem Lucas tot aufgefunden wird, findet Fabio heraus, wie groß das Missverhältnis seiner Wut auf Lucas zu dessen Loyalität war. Dieser hatte alles getan, um Fabio zu schützen und ihm auch nichts von einem Streit erzählt, den die beiden hatten. Offenbar hatte er ihm immer geholfen, ihn zu seinem eigenen Schutz vor den üblen Hintermännern der Sache an der er dran gewesen war aber nichts davon erzählt.
Israel hat sich im Laufe seiner Geschichte oft genug darüber gewundert, wie es sein kann, das Gott seine Treue zu Israel selbst dann noch aufrecht erhält, als das Volk sich mehrfach von ihm abgewandt hat. Immer wieder hat Gott sich dem Volk in Liebe zugewandt, ihm vergeben, sich um sein Wohlergehen gesorgt. Selbst da noch, wo das Volk davon nichts wissen wollte oder daran gezweifelt hat. In unserem Leben ist es wohl oft ganz ähnlich. Wir hadern mit unserem Schicksal, wollen unseren eigenen Weg gehen und merken oft erst Jahre später, wie sehr selbst in unserem Scheitern noch Gottes Fürsorge am Werk war.
Diese Spur wurde Ihnen gelegt von Dr. Hans Jürgen Steubing
Eine gesegnete Adventszeit wünscht Ihnen Ihr Adventsspurenlegerteam
Nikola Beth, Agnes Dörr-Roet, Stefanie Erbs, Hans-Jörg Fritz-Knötzele, Ulrike Hofmann, Heinz Lenhart, Dr. Petra Knötzele, Eva Reuter, Dr. Hans Jürgen Steubing, Britta Tembe
Kirche & Co. – ein Laden der Kirchen für die Menschen in der Stadt
(Kirche in der City von Darmstadt e.V.) Rheinstraße 31, 64283 Darmstadt
Bild: Freeimages.com
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