Weihnachtsspur 24.12.2014
Ich steh an deiner Krippen hier
"Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt."
(Jesaja 9,5)
Nun ist er da der Heilige Abend. Lange erwartet oder zu schnell gekommen – das ist wohl sehr individuell. Sicher hat auch jeder sein ganz persönliches Weihnachtsritual: Vielleicht einen bestimmten Christbaumschmuck, eine besondere Tischdecke oder ein traditionelles Essen – oder ein bestimmtes Lied, das zu Weihnachten unbedingt dazugehört.
Für mich ist es das Lied "Ich steh an deiner Krippen hier". Der Text ist von Paul Gerhardt und die Melodie wahrscheinlich von Johann Sebastian Bach. In diesem Lied liegt so viel Innigkeit, so viel Ruhe. Es drückt aus, dass Jesus, der Retter, uns allen geschenkt wurde – jedem von uns ganz persönlich, also auch mir.
Jede einzelne Textzeile sagt so viel aus über den Glauben des Dichters – und mit jeder einzelnen Textzeile kann ich mich singend oder betend dem Weihnachtsgeheimnis nähern:
"O Jesu du mein Leben" – Gott wird Mensch. Über unserem Leben steht die Verheißung des ewigen Lebens. Niemand geht verloren, kein Leben ist vergeblich. Mein Leben ist gerettet in diesem Kind in der Krippe.
"Ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben". Ja, diese Wirklichkeit zu bekennen, dass unser Leben, unsere Begabungen Geschenk Gottes sind, das fällt nicht immer leicht. Es entspricht auch nicht dem Zeitgeist, sich nicht der eigenen Unabhängigkeit und Leistungsstärke zu rühmen. Ehrlich gesungen oder gebetet, liegt in diese Zeile eine tiefe Dankbarkeit über die Geschenke, die mir jenseits aller bunten Päckchen unterm Baum zuteil wurden und werden.
"Da ich noch nicht geboren war, da bist du mir geboren". Schon vor meiner Zeit hat Gott sein Heilshandeln begonnen. Das entlastet. Ich muss nichts tun, ich muss nicht in Vorleistung treten – Gott hat sein Geschenk schon vorbereitet, als ich noch gar nicht denken konnte. Ich brauche es nur wahr- und anzunehmen.
"Ich lag in tiefster Todesnacht". Jeder Mensch fühlt sich irgendwann in abgrundtiefer Trauer oder sogar Hoffnungslosigkeit. Scheitern gehört zur menschlichen Existenz. Aber auch die Krippe war kein Idyll. Am Rand der Gesellschaft, bald auf der Flucht und unter dem Schatten des Kreuzes liegt da der Retter der Welt als hilfloses Baby. Aber gerade weil Jesus Christus unsere Dunkelheiten kennt, wird er zum Licht. Er ist die Hoffnung, er weckt sie in uns und verheißt Frieden und Erlösung von allen Dunkelheiten.
"Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen". So spricht ein Verliebter – oder Eltern eines neugeborenen Kindes. Für einen Moment bleibt die Zeit stehen und wir befinden uns in einer Glückswolke der Liebe und des Friedens. Da braucht es keine Worte – jedes Wort ist zu viel. Inniges Schweigen im Bewusstsein des Wunderbaren – auch vor der Krippe.
Und in der letzten Strophe, die im katholischen Gotteslob nicht abgedruckt ist, drückt Paul Gerhardt sein persönliches Glaubensbekenntnis aus.
"Eins aber, hoff ich, wirst du mir, mein Heiland, nicht versagen: dass ich dich möge für und für in, bei und an mir tragen. So lass mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden."
Dieser Glaube trägt weiter – über Weihnachten hinaus. Wenn ich zur Krippe werde, dann trage ich Jesus Christus zu den Menschen, dann kann ich mitwirken, dass seine Menschwerdung bei allen Menschen und im Alltag ankommt. Dann werde ich durch ihn zu einem Boten der Hoffnung und des Friedens.
Dann strahlt die Freudenbotschaft des Jesaja aus: Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt!
Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete und innige Christnacht!
Impulse
- Schauen Sie sich eine Krippe in Ruhe an. Eine eher schemenhafte und abstrakte wie auf dem Bild in dieser Spur, Ihre eigene oder in einer Kirche. Gehen Sie Ihren Gedanken nach.
- Das Lied zum Nachlesen und mitsingen gibt es hier: Link
Diese Spur wurde Ihnen gelegt von Eva Reuter
Ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Anfang im neuen Jahr wünscht Ihnen Ihr Adventsspurenlegerteam
Nikola Beth, Agnes Dörr-Roet, Stefanie Erbs, Hans-Jörg Fritz-Knötzele, Ulrike Hofmann, Heinz Lenhart, Dr. Petra Knötzele, Eva Reuter, Dr. Hans Jürgen Steubing, Britta Tembe
Die nächste Spur erscheint am 5. Januar 2015.
Kirche & Co. – ein Laden der Kirchen für die Menschen in der Stadt
(Kirche in der City von Darmstadt e.V.) Rheinstraße 31, 64283 Darmstadt
Bild: Susanne Schmich @ pixelio.de
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