Spurensuche 17.11.2014
Ein Gesang und ein Gedicht gegen die Angst
Als ich neulich eines meiner Bücherregale sortierte fiel mir ein Buch in die Hand, das mir seit meiner Studienzeit vertraut ist. Es stammt von dem 1979 verstorbenen Psychoanalytiker Fritz Riemann und trägt den Titel "Grundformen der Angst". Gleich daneben stand das kleine Bändchen "Der Christ und die Angst" meines Lehrers und Mentors Hans Urs von Balthasar. Und wieder benachbart hat der 2003 im Verlag C.H.Beck erschienene Band "Angst und Angstkrankheiten" von Friedrich Strian seinen Platz.
Ja, Angst kann krank machen. So sehr sie als Warnmechanismus betrachtet und erlebt werden kann, der uns schützt. Sie wirkt sich meist lebensbehindernd aus. Angstbesetzte Menschen versinken förmlich in Bedenken und halten krampfhaft an dem fest, was ihnen vermeintlich Sicherheit zu geben scheint.
Der Gottmensch und Psychologe Jesus von Nazareth weiß um das Existential "Angst", das mit unserer Existenz einhergeht. Es gibt keinen ganz und gar angstfreien Menschen. Nicht nur, dass Jesus als Christus die Erfahrung der Angst machte. So sehr, dass er am Ölberg Blut und Wasser schwitzte. Er gebietet ihr Einhalt und verweist sie in ihre Grenzen. So als er dem Wind der Angst gebietet sich zu legen. (Mt 8,26) So als er über das Wasser auf die Jünger zugeht, denen die Angst ins Gesicht schlägt bis dass er sagt: "Habt keine Angst. Ich bin es." (Mt 14,27) So als er seine Jünger aussendet und ihnen mit auf den Weg gibt: "Fürchtet euch nicht!" (Mt 28,10) Schon über seiner Geburt ertönt der Engelgesang: "Fürchtet Euch nicht!" (Lk 2,10) Diese Ermutigung Ängste abzulegen oder sie zu beherrschen oder zu begrenzen klingt in den Worten des 1. Johannesbriefes wider: "In der Liebe ist keine Furcht!" (1 Joh 4,18)
Luther glaubte in der Angst, die ihn hin und wieder überfiel, den "Teufel" am Werk, neudeutsch: den Aber-Geist oder Widersacher, gegen den er ansang:
"Und wenn die Welt voll Teufel wär /
und wollt uns gar verschlingen, /
so fürchten wir uns nicht so sehr,/
es soll uns doch gelingen"
(Ein feste Burg ist unser Gott 1539)
Ich erlaube mir Ihnen ein Gedicht gegen die Angst mit in den Tag zu geben, das ich in der FAZ abgedruckt fand und das ich unter das Kruzifix meines Studierzimmers geheftet habe. Es stammt von der slowakisch-schweizerischen Lyrikerin Ilma Rakusa und nahm mir die Angst:
Gedicht gegen die Angst
Streichle das Blatt
küsse den Hund
tröste das Holz
hüte den Mund
zähme den Kamm
reime die Lust
schmücke den Schlaf
plätte den Frust
neige das Glas
wiege das Buch
liebe die Luft
rette das Tuch
schaue das Meer
rieche das Gras
kränke kein Kind
iss keinen Frass
lerne im Traum
schreibe was ist
nähre den Tag
forme die Frist
lenke die Hand
eile und steh
zögere nicht
weile wie Schnee
öffne die Tür
lade wen ein
schenke dich hin
mache dich fein
prüfe dein Herz
geh übers Feld
ruhe dich aus
rühr an die Welt
Einen solchen Umgang mit der Angst wünscht Ihnen
Dr. Thomas Krenski.
Einen gesegneten Tag wünschen Ihnen Ihre Spurenleger
Nikola Beth, Hans-Jörg Fritz-Knötzele, Ulrike Hofmann,
Dr. Thomas Krenski, Heinz Lenhart und Elisabeth Prügger-Schnizer
Kirche & Co. – ein Laden der Kirchen für die Menschen in der Stadt
(Kirche in der City von Darmstadt e.V.) Rheinstraße 31, 64283 Darmstadt
Bild: Guenter Hamich @ pixelio.de
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