Spurensuche 14.11.2016
'Wat haste jemacht mit deine' Leben?'
"Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi,
damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan hat bei Lebzeiten,
es sei gut oder böse."
(2. Korinther 5, 10)
'Wat haste jemacht mit deine‘ Leben? ' - dieser Satz aus Carl Zuckmayers Schauspiel 'Der Hauptmann von Köpenick' und der danach von Helmut KÄUTNER gedrehte Film mit Heinz Rühmann hat sich tief in meine Erinnerungen eingegraben. Der Schuster Wilhelm Voigt ist nach seiner Haft bei seiner Schwester und deren Mann Friedrich untergekommen. Nachdem er von einer Beerdigung zurück ist, sinniert er mit seinem Schwager über das Leben und sagt: "Und denn, denn stehste vor Gott, dem Vater, ….und der fragt dir, ins Jesichte: Willem Voigt, wat haste jemacht mit deine‘ Leben. Und da muss ick sagen: Fußmatten, muss ick sagen, die hab ick jeflochten im Jefängnis. …. Det sachste vor Gott, Mensch. Aber der sacht zu dir: Jeh weck, sacht er! Ausweisung! Sacht er. Dafür hab ick dir det Leben nicht jeschenkt! Sacht er. Det biste mir schuldig. Wo is et? Wat haste mit jemacht?" Ich habe diese Szene schon oft gesehen. Rühmann spielt sie so intensiv, dass ich bis heute immer einen Kloß im Hals verspüre und am liebsten in den Film hinein klettern möchte um den kleinen Mann an den Schultern zu packen und zu sagen: "Nein, Willem Voigt, so ist Gott nicht. Der gibt dir deine Chance, auch wenn dein Leben bis heute völlig verkorkst verlaufen sein sollte." Aber die erlösenden Worte bleiben aus. In dem Film spricht sie niemand. Was bleibt, ist die Verzweiflung des Wilhelm Voigt.
Der Theologe Kurt Marti schreibt dazu:
'Wenn die Pläne durchkreuzt werden, besteht die Kunst im Leben!
Ich wurde nicht gefragt, weil Einer es wollte - mein Leben.
Ich werde gefragt am Ende der Zeiten.
Ich werde gefragt am Ende der Zeiten, so, wie alle vor und alle nach mir.
Ich werde gefragt! Gefragt von dem, der es längst weiß. Der mich kennt, mein Leben kennt, mein Versteckspiel vor mir und den anderen.
Gefragt von dem, dem jeder Winkel meines kleinen, selbst geschusterten Lebens offenbar ist.
Dann werde ich offenbar, empfange meinen Lohn von ihm, der am Anfang gefragt wurde und am Ende mein Richter sein wird. Ein Richter meines Lebens.
Von seinem Kreuz auf mein Leben blickend. Sein Kreuz aufgerichtet, mein Leben anzublicken. Nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe auf mich gerichtet. Mit dem Blick des Schöpfers, der um die Not weiß und das Böse kennt, der um der Opfer willen nichts schön redet, der die Toten achtet und die Lebenden mahnt. Der meinen Lohn kennt und ihn auszahlt. Der mein Leben vom Verderben erlöst und mich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit. Der mich aufrichtet, weil sein Kreuz aufgerichtet ist.
So stehen wir an den Gräbern und Denkmalen gerichteter Leben. Ihre Kreuze mahnen von Trauer und Schuld. Sein Kreuz mahnt vor Unachtsamkeit. Und am Ende der Zeiten werde ich vor Gott stehen und ich werde sein Kreuz sehen.
Amen.'
aus: Kurt Marti, Der Heilige Geist ist keine Zimmerlinde, S. 58
'Wat haste jemacht mit deine' Leben?' – die Frage ermahnt uns, achtsam mit dem Geschenk unseres Lebens umzugehen.
Achtsam heisst: den Fokus auf 'weit' stellen. Sich weder im Trauern um das Vergangene noch in der Angst vor oder in der Sehnsucht nach dem Kommenden zu verlieren. Und nicht das Große-Ganze vor lauter Konzentration auf das Detail aus dem Blick zu verlieren. Achtsam heisst: Den inneren Autopiloten abzuschalten und das ewige Gedankenkarussell zu stoppen.
Versuchen Sie es mal:
- Springen sie morgens in den ersten Minuten nach dem Aufwachen nicht einfach aus dem Bett – bleiben sie einfach noch einige Minuten mit offenen Augen liegen. Werden sie sich bewusst, dass sie Wach sind; spüren sie in ihren Körper hinein, achten Sie auf ihre Atmung werden sie sensibel dafür, den Erfahrungen des Tages mit Achtsamkeit zu begegnen.
- Versuchen Sie zwischendurch im Alltag immer wieder einmal inne zu halten und Augenblick bewusst wahrzunehmen.
- Sie können dabei Geräusche als Glocke der Achtsamkeit nutzen: Das Klingeln des Telefons, die Glocken der Kirchen, das Horn der Rettungswagen oder der Polizei das Zwitschern der Vögel – es kommt nur darauf an, dass sie es tun.
- Werden Sie achtsam für das Geschenk des Augenblicks.
Diese Spur wurde Ihnen gelegt von Dr. Hans Jürgen Steubing
Einen gesegneten Tag wünschen Ihnen Ihre Spurenleger
Nikola Beth, Hans-Jörg Fritz-Knötzele, Ulrike Hofmann,
Dr. Christoph Klock, Heinz Lenhart, Elisabeth Prügger-Schnizer, Eva Reuter und Dr. Hans Jürgen Steubing
Kirche & Co. – ein Laden der Kirchen für die Menschen in der Stadt
(Kirche in der City von Darmstadt e.V.) Rheinstraße 31, 64283 Darmstadt
Bild: Dr. Hans Jürgen Steubing
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