Spurensuche 13.02.2017
Ich bin gefunden
"Neige dein Ohr, mein Gott, und höre, tu deine Augen auf und sieh an unsere Trümmer und die Stadt, die nach deinem Namen genannt ist. Denn wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf dein großes Erbarmen."
(Daniel 9, 18)
Es gibt Begriffe, da ist es leichter sie durch ihr Fehlen zu beschreiben als positiv auszusagen, um was es bei ihnen geht. Liebe ist so ein Begriff – denn wer wollte in nur wenigen Worten sagen, was alles Liebe ist oder sein kann. Und doch ist jedem sofort klar was gemeint ist, wenn man von einem Menschen sagt, sein oder ihr Verhalten sei lieblos.
Doch extremer fällt dies auf, wenn man den Begriff Erbarmen betrachtet. Im positiven Wortsinne scheint er – zumindest außerhalb des Bereichs kirchlicher Sondersprache - völlig aus der Mode gekommen zu sein. Umgekehrt aber lesen wir fast täglich in den Zeitungen von den erbarmungslosen Machenschaften von Drogen- oder Menschenhändlern, von der erbarmungslosen Kriegspolitik im Nahen Osten, in der Ukraine und so weiter.
Barmherzigkeit ist immer Geschenk, nie verdient oder erarbeitet. Sie wird gerade dem besonders deutlich, der eigentlich erwarten würde, dass ihm dieses Erbarmen verwehrt wird. Ich denke da etwa an die Geschichte des kriegsgefangenen deutschen Soldaten, der nach Kriegsende zu russischen Bauern in Sibirien geschickt wurde. Er war voller Angst ob dem, was ihn erwarten würde. Was er erlebte, traf ihn dann aber völlig unerwartet: "Sie waren gut zu mir, gaben mir zu essen und ließen mich in den kalten Winternächten sogar neben sich auf dem Ofen übernachten. Dabei ertrugen sie auch die zufälligen kleinen Berührungen eines Mannes, der doch aus einem Land stammte, das für einen Krieg verantwortlich war, der ihnen ihre beiden Söhne genommen hatte. Für mich war das gelebtes Erbarmen."
Erbarmen zeigt sich oft in kleinen Dingen – und ist doch zugleich etwas Riesengroßes, etwas, das uns zutiefst bewegt – bis ins innerste unseres Herzens hinein. Im Text des Spirituals 'Amazing Grace' hat diese Bewegung des Herzens ihren tiefen Ausdruck gefunden.
Amazing grace, how sweet the sound, | Erstaunliche Gnade, wie süß der Klang, |
That saved a wretch like me! | Die einen armen Sünder wie mich errettete! |
I once was lost, but now I am found, | Ich war einst verloren, aber nun bin ich gefunden, |
Was blind, but now I see. | War blind, aber nun sehe ich. |
Impulse
- Lassen Sie sich von der Melodie dieses Spirituals durch die Woche tragen.
- Versuchen Sie, im Alltäglichen darauf zu achten, wo ihnen – oft unter dem Deckmantel des Unscheinbaren - Gnade und Erbarmen begegnen.
- Wenn sie zu den ganz Glücklichen gehören, die diesen Schatz in ihrer Musiksammlung haben, dann legen Sie Aretha Franklins Version von Amazing Grace aus dem Jahr 1972 auf ihren Plattenteller – oder aber finden Sie ihn auf den entsprechenden Plattformen im Internet um ihn zu genießen.
Diese Spur wurde Ihnen gelegt von Dr. Hans Jürgen Steubing
Eine gesegnete Woche wünschen Ihnen Ihre Spurenleger
Nikola Beth, Hans-Jörg Fritz-Knötzele, Ulrike Hofmann,
Dr. Christoph Klock, Heinz Lenhart, Elisabeth Prügger-Schnizer, Eva Reuter, Heiko Ruff-Kapraun und Dr. Hans Jürgen Steubing
Kirche & Co. – ein Laden der Kirchen für die Menschen in der Stadt
(Kirche in der City von Darmstadt e.V.) Rheinstraße 31, 64283 Darmstadt
Bild: freeimages.com
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