Spurensuche 15.09.2025
Ein Prophet gilt nirgends so wenig wie in ...
"Der HERR sprach zu Mose: Ich will ihnen einen Propheten, wie du bist, erwecken aus ihren Brüdern und meine Worte in seinen Mund geben."
(Losung: 5.Mose 18,18)
"Und viele, die zuhörten, verwunderten sich und sprachen: Ist der nicht der Zimmermann?"
(Lehrtext: Markus 6,2.3)
Das Phänomen ist uralt und vielen auch aus eigener Erfahrung wohlbekannt: man ist davon überzeugt, in einer Angelegenheit etwas Wichtiges zu sagen zu haben, vor einer Gefahr warnen zu müssen oder ähnliches. Nach langem Zögern spricht man es endlich aus, und dann kommt es, das eine und alles andere zur Seite fegende Todschlagargument: dich kennen wir doch schon ewig. Schon seit du ein kleines Kind warst, oder, wenn es um ein berufliches Umfeld geht, seitdem du als Lehrling hier bei uns in die Firma eingetreten bist, wie kannst du da auch nur auf die Idee kommen, uns etwas von Bedeutung sagen zu können?
So sind wir Menschen wohl strukturiert: Man nimmt lieber einen Rat von jemanden Fremden an als von jemandem, den man gut kennt. Und häufig genug traut man denen, die man schon lange kennt, nicht zu, etwas beisteuern zu können, das tatsächlich von Bedeutung sein könnte. Dabei weiß man von vielen aus dem eigenen Umfeld oft gar nicht, was sie sonst noch so alles auf dem Kasten haben. Und zum Nachfragen bietet der Alltag ja auch nur selten genug Raum. Und - sind wir doch mal ehrlich - allzu oft interessiert es uns ja auch nicht wirklich. ‚Den oder die kenne ich schon‘, denken wir, ‚was sollte ich da noch an Neuem und Interessantem erfahren können?‘ Was für eine bedauerliche Ignoranz. Die Folgen dieser ‚Betriebsblindheit‘ kann man dann nicht selten am eigenen Leib erfahren. Etwa dann, wenn jemand innerhalb der eigenen Firma spürt, dass er oder sie einfach nichts ändern kann: Wenn dann aber später ein externer Unternehmensberater genau das Gleiche sagt, dann wird dies plötzlich wie eine Offenbarung aufgenommen.
Am wenigsten bereit auf Leute aus dem ‚eigenen Stall‘ zu hören sind wir immer dann, wenn sie Dinge sagen, die wir eigentlich nicht wirklich hören möchten. Auch dies nicht selten mit fatalen Folgen. Eine der wohl ältesten Darstellungen dieses Phänomens findet sich bei Homer in der Odyssee. In den Erzählungen rund um die Eroberung Trojas lässt er Laokoon und Kassandra, beide Priester bzw. Priesterin in Troja, ihre Landsleute davor warnen, das hölzerne Pferd der Griechen in ihre Stadt zu holen.
Beide erkannten die Gefahr, Laokoon stieß sogar mit einem Speer auf das Pferd ein, um zu zeigen, dass es eine Falle war. Kassandra prophezeite ebenfalls, dass das Pferd zum Untergang Trojas führen würde und warnte vergeblich König Priamos von Troja und das Volk davor, das Pferd in die Stadt zu lassen.
Beide Warnungen waren vergeblich, denn laut der antiken Quellen wurde Kassandra von Apollon verflucht, so dass niemand ihren Prophezeiungen glaubte. Von Laokoon und seiner Familie aber, die auf schreckliche Weise ums Leben gekommen waren, sagte man, dieses Schicksal sei eine göttliche Strafe für Laokoons Warnungen. Damit war der Untergang Trojas besiegelt.
Auch die Bücher der Bibel berichten immer wieder von der frustrierenden Erfahrung, der Botinnen und Boten der göttlichen Weisheit, die an der Ignoranz der Menschen scheitern. Selbst Jesus, so berichtet das Markusevangelium an dieser Stelle, kapituliert vor so viel Ignoranz und Borniertheit.
Wie schade, dass wir uns so schwer damit tun, öfter mal über den eigenen Schatten zu springen, wenn unsere eigene Betriebsblindheit den mal wieder besonders groß werden lässt.
Impulse
- Kennen Sie die frustrierenden Erfahrungen auch, von den hier berichtet wird?
- Gibt es jemanden, den Sie vielleicht schon seit langem unterschätzen?
- Gab es in ihrem Leben Situationen, in denen Sie sich hinterher gedacht haben, ‚warum nur habe ich nicht auf die Warnungen gehört?‘
- Hilf, Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.
Hilf, Herr meiner Tage, dass ich nicht zur Plage meinem Nächsten bin.
Hilf, Herr meiner Stunden, dass ich nicht gebunden an mich selber bin.
Hilf, Herr meiner Seele, dass ich dort nicht fehle, wo ich nötig bin.
Lied GL 440 / EG 419 zum Nachhören und Mitsingen: Verknüpfung
Diese Spur wurde Ihnen gelegt von Dr. Hans Jürgen Steubing
Eine gesegnete Woche wünschen Ihnen Ihre Spurenlegerinnen und Spurenleger.
Maren Dettmers, Monika Eberl-Reifenberg, Ilka Friedrich, Hans-Jörg Fritz-Knötzele, Dr. Christoph Klock, Heinz Lenhart, Heiko Ruff-Kapraun, Tobias Sattler, Dr. Hans Jürgen Steubing und Britta Tembe
Kirche & Co. – ein Laden der Kirchen für die Menschen in der Stadt
An der Stadtkirche 1, 64283 Darmstadt
Bild: Dr. Hans Jürgen Steubing: Deckenfresko der St. Josephskirche in Eppelheim bei Heidelberg
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