Spurensuche 07.10.2024
Vom Gehen und Bleiben
"Ob ich gehe oder ruhe, es ist dir bekannt; du bist vertraut mit all meinen Wegen."
(Psalm 139,3)
Es ist ein Phänomen, das mich immer wieder fasziniert: Ich sitze im Zug und warte auf die Abfahrt. Schließlich setzt er sich in Bewegung. Beim Blick aus dem Fenster auf der gegenüberliegenden Seite aber stelle ich fest: Es ist ja gar nicht meine Bahn, die gerade losgefahren ist, sondern die vom Nachbargleis.
Ich mag diese kleine Täuschung, diese Gleichzeitigkeit von Bewegung und Ruhe. Sie ist für mich ein Sinnbild für das Leben, das sich ständig wandelt und zugleich die Frage aufwirft: Was bleibt in all der Veränderlichkeit?
Alles ist im Fluss – und das bedeutet auch, dass wir immer wieder Abschied nehmen müssen von Gewohntem, ins Ungewisse aufbrechen, uns auf Neues einlassen. Das fordert unser Vertrauen.
In ihrem Gedicht „Ziehende Landschaft“ formuliert Hilde Domin es so:
Man muss weggehen können
und doch sein wie ein Baum:
als bliebe die Wurzel im Boden,
als zöge die Landschaft und wir ständen fest.
Noch einmal der Bahnhof. Er gehört zu den Orten, an dem sich das Fortgehen und Zurückbleiben, das Loslassen und Wiedersehen, das Abschiednehmen und Ankommen unzählige Male am Tag ereignet. Wir kennen wohl alle die Stimmung, die die Schweizer Lyrikerin Margot Baumann in dem folgenden Gedicht beschreibt:
Bahnhof
Er ist abgefahren,
der Zug,
aus dem Gelächter hallt.
Verloren steh'n wir
am leeren Bahnhof,
seh'n ihm nach.
Zu uns'ren Füßen
raschelt Laub,
das schon den Winter ruft.
Von fern die Weise
eines Leiermanns.
Ich dreh mich um,
nehm' meine Koffer
voll Erinnerung,
gehe davon,
dem Leben zu.
Margot S. Baumann (*1964) Quelle: Verknüpfung
Liebe Leserinnen und Leser,
nicht ohne Grund habe ich heute dieses Thema gewählt, denn auch für mich steht demnächst eine große Veränderung an. Nach 20 Jahren führt mich meine Lebensreise ab November in eine andere Stadt, wo neue Aufgaben auf mich warten. Mit dieser Spur möchte ich mich von Ihnen verabschieden.
Ich bin dankbar, lange Zeit Teil des Spurenleger:innen-Teams gewesen zu sein und für all die Rückmeldungen, die Sie mir und uns immer wieder gegeben haben!
Auch wenn ich nun gehe und mein Zug in eine andere Himmelsrichtung fährt, bleiben wir in Gottes Geist einander verbunden. Von Herzen wünsche ich Ihnen und uns allen seinen Segen!
Impulse
- Wie oft sind Sie in Ihrem Leben schon umgezogen, haben neu angefangen?
- An welche kleinen und großen Abschiede erinnern Sie sich?
- Das Wissen um die eigenen Wurzeln kann dabei helfen, in eine Haltung des Vertrauens zu kommen. Spüren Sie ihnen nach – und der Lebensquelle in Ihrem Inneren.
- Hier finden Sie das ganze Gedicht von Hilde Domin sowie eine Interpretation: Verknüpfung
Diese Spur wurde Ihnen gelegt von Elisabeth Prügger-Schnizer
Eine gesegnete Woche wünschen Ihnen Ihre Spurenlegerinnen und Spurenleger.
Dagmar Böhmer, Maren Dettmers, Hans-Jörg Fritz-Knötzele, Gabriela Hund, Dr. Christoph Klock, Heinz Lenhart, Elisabeth Prügger-Schnizer, Heiko Ruff-Kapraun, Tobias Sattler, Dr. Hans Jürgen Steubing und Britta Tembe
Kirche & Co. – ein Laden der Kirchen für die Menschen in der Stadt
An der Stadtkirche 1, 64283 Darmstadt
Bild: wal_172619 @ pixabay.com
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